Bundesverfassungsgericht bestätigt steuerliche Benachteiligung – Aufwendungen für Erststudium keine Werbungskosten

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Thematik: Einzelartikel der Journale

Aufwendungen für die erste Berufsausbildung oder für ein Erststudium sind im Regelfall lediglich als Sonderausgaben abzugsfähig. Finden sie ausnahmsweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt oder handelt es sich um eine Zweitausbildung, sind die anfallenden Kosten grundsätzlich betragsmäßig unbegrenzt als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen.

Der Bundesfinanzhof hatte im Jahr 2014 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen, um klären zu lassen, ob die ungleiche Behandlung von Erst- und Zweitstudium gegen den verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. Mit Beschluss aus November 2019 kam das BVerfG zu dem Ergebnis, dass die gesetzliche Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist. Es bestätigt insoweit die Auffassung des Gesetzgebers, nach der Kosten für die Erstausbildung im Wesentlichen den steuerlich unbeachtlichen Kosten der privaten Lebensführung zuzurechnen sind. Dem gegenüber sei der objektive Zusammenhang mit einem konkreten späteren Beruf bei den von der Regelung insbesondere erfassten reinen schulischen Ausbildungen und Hochschulstudien eher gering ausgeprägt. Diese Ausbildungsgänge sind nach Ansicht des BVerfG häufig breit angelegt und eröffnen eine Vielzahl von unterschiedlichen Berufsmöglichkeiten.

Anders beurteilen die Richter eine Zweitausbildung, Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf sowie eine Erstausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses. Bei den im Rahmen solcher Ausbildungsgänge entstandenen Aufwendungen bestehe im Regelfall ein objektiv feststellbarer Veranlassungszusammenhang mit der gegenwärtigen oder beabsichtigten zukünftigen Erwerbstätigkeit.

Nach der Bestätigung der bestehenden Gesetzeslage durch das BVerfG können Erstausbildungskosten und Aufwendungen für ein Erststudium außerhalb eines Dienstverhältnisses wie bisher nur als Sonderausgaben bis zu einem Höchstbetrag von derzeit 6.000 Euro pro Jahr steuerlich berücksichtigt werden. Sonderausgaben wirken sich in Jahren ohne irgendwelche Einkünfte, beziehungsweise mit Einkünften unterhalb des Grundfreibetrages, überhaupt nicht steuermindernd aus. Anders als Werbungskosten können Sonderausgaben nämlich nicht auf spätere Jahre vorgetragen werden.

Unsere Meinung:

Die Politik sollte das Urteil des BVerfG zum Anlass nehmen, um über die steuerliche Behandlung der Kosten für ein Erststudium oder eine Erstausbildung neu nachzudenken. In einer Zeit ständig zunehmenden Fachkräftemangels sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, um eine breite Aus- und Fortbildung zu unterstützen. Dazu zählt nach unserer Meinung auch, Ausbildungsoder Studienkosten grundsätzlich als Werbungskosten anzuerkennen. „Echte“ Kosten der privaten Lebensführung könnten auch weiterhin nach den Grundsätzen zur Aufteilung von gemischt veranlassten Aufwendungen steuerlich unberücksichtigt bleiben.

 

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